Galerie Dreikang
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Jeder kann ein Künstler sein

Das Ehepaar Geling-Bouchon nimmt Kindern und Jugendlichen die Scheu vorm Malen und Gestalten

Durchblick: Ekkahart Bouchon zwischen einigen seiner Skulpturen

Draufblick: Nina Geling-Bouchon mit ihren Bilder "Vermarktete Gefühle" (Öl) und "Meditation" (Gips, Acryl, Netz und Sand)

 

Von Axel Schmidt
hann. münden. Kunst ist in diesem Jahr ein großes Thema. Hann. Münden erlebt das Internationale Stadt-Sommer-Atelier, das 2. Festival „Denkmal! Kunst - Kunst Denkmal!“, die herausragende Schau „In anderen Räumen“ im historischen Packhof. Im Untergericht hat zudem die Initiative „Dransfelder Kunst-Werk“ von sich reden gemacht.
Sie locken Scharen von Besuchern, die vor einer Fülle von Gemälden, Skulpturen und Installationen stehen. Manches lässt staunen, anderes macht ratlos, hier wird bewundert, dort bezweifelt. Und mancher stellt sich insgeheim die Frage: Ob auch ich so etwas könnte? Für den Bildhauer Ekkahart Bouchon und Malerin Nina Geling-Bouchon von der Mündener Galerie Dreiklang ist die Antwort klar: Jeder Mensch ist zum künstlerischen Ausdruck fähig. Und je früher er das erkennt, desto besser.
Seit fünf Jahren Projekte in Schulen und Jugendgruppen
Geling-Bouchon haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern und Jugendlichen die Scheu vor der Kunst nehmen. Seit fünf Jahren initiieren sie Projekte in Kindergärten und Schulen, in Jugendgruppen sowie im Rahmen der interkulturellen LOS-Aktionen in Mündens Altstadt.
So wurden sie in die Grundschule am Wall eingeladen, in die Förderschule im Auefeld, die Berufsbildenden Schulen und gaben Themen aus wie „Märchenstraße“, „Mein Traum“, „Together“, „So bin ich“. Das 1. Internationale Kinder-Klavierfestival in Hann. Münden begleiteten sie mit der Ausstellung „Musikalische Malerei“, an der sich 120 Kinder und Jugendliche zwischen elf und 17 aus Hann. Münden, Kassel und Moskau beteiligten – vom Lernbehinderten bis zum Gymnasiasten.
Das Künstlerehepaar will mit der Vorstellung aufräumen, dass das Experimentieren und Gestalten mit Farben und Formen grundsätzlich nur etwas für Koryphäen sei, die Rembrandtsche Fähigkeiten mit akademischen Weihen erhöhen.
So sehr sie die wahrhaft Großen der Kunstgeschichte kennen und schätzen, so ungern sehen sie alle diese Maler, Bildhauer und Anderen auf unerreichbar hohen Sockeln stehen.
Ihr Credo ähnelt dem des legendären Aktionskünstlers Joseph Beuys, der in allem Kunst und in jedem einen Künstler sah.
Die Mittel dazu sind für Geling-Bouchon Abstraktion, Spontaneität, Gefühl und Phantasie ohne formale Beschränkung.
Für eine Kunst, die Freude schenkt und Energie
Mit einer Ausnahme: Der bildnerische Ausdruck sollte positiv sein, gerade und besonders wenn junge Menschen sich ausprobieren. „Niemals würden wir mit Kindern und Jugendlichen etwas Dunkles, Aggressives, Böses erarbeiten. Wir werben vielmehr für Freude und Harmonie. Aus unserer Sicht solle Kunst Freude schenken und Energie“.
Zum 50-jährigen Partnerschaftsjubiläum Hann. Mündens mit Suresnes (Frankreich) hat die Galerie Dreiklang mit Schülern der BBS gearbeitet. Im Oktober startet sie das gleiche Projekt mit französischen Jugendlichen. Beide Gruppen werden sich dann bei einer gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Dreiklang treffen.

HNA-25.08.09


Am Ende keine Versager, nur Erfolgserlebnisse

Wie man die inneren Blockaden löst:
Interview mit Nina Geling und Ekkahart Bouchon über ihr Herangehen bei Kunstprojekten

Frau Geling, Herr Bouchon, wie sieht denn Ihr Kunstunterricht aus, wenn sie mit Schülern arbeiten?

Bouchon: Wir nennen es nicht Unterricht, wir nennen es Projekt - das hat einen anderen Klang. Zunächst einmal versuchen wir, Interesse zu wecken. Ich bringe meine Skulpturen mit und Nina einige ihrer Bilder. Die Kinder dürfen sich nicht nur alles anschauen, sondern auch alles anfassen, ertasten, darüber streichen. Das ist schon mal anders als in Museen oder Galerien, wo es meist heißt: Bitte nicht berühren.

Geling: Wir stellen immer wieder fest, dass man erst einmal Blockaden lösen muss. Künstler werden ja oft als Leute angesehen, die ganz weitweg von einem sind und so komische Sachen machen. Diese Hemmschwelle müssen wir erstmal überwinden.

Und dann geht es los mit Farbe, Block und Pinsel?

Glückliche Kinder im Geschwister-Scholl-Haus: Abschluss einer Kunstwerkstatt mit der Stadtjugendpflege. Links das Künstlerehepaar, rechts Jugendarbeiter Peter Teune. Archivfoto: Huck


Geling: Noch nicht. Interessanterweise wollen die Kinder jetzt wissen, was sie denn nun machen sollen. Wir aber eröffnen ihnen einen anderen Weg in die Kunst. Wir weisen sie keinesfalls an und sagen: Macht das und macht das, sondern reden wir über die mitgebrachten Bilder und das Thema, mit dem wir arbeiten möchten, spielen Musik, bewegen spielerisch die Hände dazu. Und spüren dann so ganz allmählich, wie sich dieses ganze Kontrollierte, Beherrschte auflöst.

Und wenn ein Kind mit einer freien Interpretation nun gar nichts anzufangen weiß?

Bouchon: Es gibt natürlich noch andere Wege. Man kann sie zum Beispiel gleich große Quadrate zeichnen lassen und sie bitten, jedes Quadrat ganz schnell und ohne nachzudenken mit Linien zu füllen. Dann fragen wir jedes Kind, welches Linienquadrat es besonders interessant findet. Dieses überträgt es auf einen großen Bogen und füllt alle Flächen im Liniengewirr farbig aus – mit nur drei Farben, die es untereinander zu immer neuen Tönen mischt...

Geling: ...und plötzlich entsteht ein großformatiges, farbintensives und bewegtes Bild.

Bouchon (lacht): Die Kinder sind bald gar nicht mehr zu bremsen. Und auch wir sind oft selbst ganz begeistert.
Kann pure Phantasie tatsächlich so beeindrucken oder gar irgend etwas aussagen?
Bouchon: Schauen Sie sich die Ergebnisse an und Sie werden staunen. So wie wir es konzipieren, geht niemand in einen Wettbewerb. Niemand baut Leistungsdruck auf, ein Richtig oder Falsch gibt es nicht. Am Ende gibt es keinen Versager, sondern Erfolgserlebnisse. Es haben schon Mädchen wie Jungen Bilder abgeliefert, von denen selbst studierte Künstler sagten: Das sollen Kinder gewesen sein? Das glaube ich nicht.

Geling: Wir möchten aber ausdrücklich betonen, dass die geschilderten Freiheiten nur für das Malen gelten. Dass es soziale Verhaltensnormen und -muster geben muss, ist selbstverständlich: Erst sie geben unserem Leben und Zusammenleben eine Ordnung. Kreativität aber können allzu starre Bewertungsmuster nur lähmen. Kreativität wird erst durch das Gefühl völliger Unabhängigkeit geweckt.

Sie haben Jugendlichen zusammengearbeitet, die als schwierig galten. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Bouchon: Hier kam es inganz besonderem Maße darauf an, Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Die hatten diese jungen Leute nämlich bis dahin nicht so reichlich.

Geling: Im Kunstprojekt entstanden auf einmal ausdrucksstarke Gemälde, und plötzlich kamen Schüler pünktlich zu jeder Stunde, die vorher gern mal den Unterricht geschwänzt hatten. Als ihre Bilder dann noch ausgestellt wurden und sogar die Zeitung berichtete... Also, Sie glauben nicht, wie stolz die Jugendlichen waren, als sie erlebten: In mir steckt ja doch was, das Bild da, das habe i c h gemalt.

Sind Ihre Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen auch auf Erwachsene übertragbar?

Bouchon: Grundsätzlich ja. Allerdings haben sich bei Erwachsenen bestimmte Bewertungsmuster und innere Blockaden schon sehr verfestigt. Wer Kinder hat, tut sich am besten mit ihnen zusammen und fängt einfach an, ohne lange nachzugrübeln.

Wir empfehlen: Nehmt einen Stift oder einen Pinsel in die Hand und probiert was aus. Die Kinder werden Ihr Schlüssel sein.

Bunt und stark: Gemälde von Grundschulkindern einer 3. Klasse.
Fotos: Schmid

 
HNA-25.08.09  

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