Galerie Dreiklang, Hann.Muenden, Deutschland Moskau, den 10. Mai 2011
An das Kulturministerium des Perm Gebietes
Betr.: Deutschen Tage in der Stadt Tschaikowski
Sehr geherte Damen und Heren,
Unsere Kunstausstellung «Feenwelt» mit 66 Exponaten wurde in Russland in Moskau, St.Petersburg, Kasan, Tscheboksari und in Nischni Novgorod gezeigt.
Im Rahmen der deutschen Wochen sind wir erstmals der Einladung einer Provinzstadt gefolgt und waren gespannt, wie man dort unsere abstrakten Werke aufnehmen wuerde.
Das Ergebnis: Von der jungen Kulturstadt Tschaikovski sind wir begeistert!
Vor 55 Jahren wurde diese Stadt gegruendet, es war der Wunsch von ueber 10 000 Arbeitskraeften aus allen Teilen der UdSSR, die ein Wasserkraftwerk bauten. Hier leben ueber 50 verschiedene etnische Gruppen, mit den unterschiedlichsten Religionen friedlich zusammen und verfolgen gemeinsame Ziele. Wir haben den Pioniergeist deutlich gespuert.
Ueberrascht waren wir von der umfangreichen Gemaeldesammlung mit ueber 4000 Werken des 18. und 19. Jahrhunderts von dem Moskauer Kunstsammler Alexander Schigalko, die er der Stadt geschenkt hat und die zum Bau des staedtischen Museums fuehrten. Im groessten Saal wird dort unsere Ausstellung drei Monate lang gezeigt.
Die Bevoelkerung der Stadt ist jung und man kuemmert sich vor allem um die Entwicklung und Ausbildung der Kinder und Jugentlichen.
Die Fremdsprache Deutsch wird an einigen Schulen schon ab der ersten Klasse unterrichtet. Wir erlebten ueber 60 Schuelerinnen und Schueler bei einem Wettbewerb. Auswendig und akzentfrei wurden Gedichte von Goethe, Heine, v.Fallersleben und Busch vorgetragen. In der ganzen Schulzeit unseres juengsten Sohnes, der in diesem Jahr sein Abitur in Deutschland macht, wurden keine Gedichte gelernt.
Als Kuenstler waren wir vor allem an den musischen Ausbildungsangeboten interessiert und in
Tschaikovski sind sie vorbildlich!
Vor vielen Jahren hat man im Museum mit einem Experiment die kuenstlerische Schulung ganz junger Kinder angefangen. Inzwischen beginnt man hier mit einer systematischen Beschaeftigung der Kinder ab dem 2. Lebensjahr und im Einzelfall schon ab 18 Monaten! Mit 16 Kindern hat man begonnen, inzwischen sind es 160 und die Plaetze sind so begehrt, dass sich schwangere Muetter schon in die Warteliste eintragen. Man benutzt von Anfang an professioinelles Material wie Modeliermassen, Farben, Pinsel, Staffelei usw. und arbeitet in kleinen Gruppen von 4 bis 6 Teilnehmern. Die Ergebnisse der Altersgruppen bis 6 Jahre sind einmalig und sollten der paedagogischen Forschung zur Verfuegung gestellt werden (Beispiele in der Einlage). Wir haben vorgeschlagen, eine entsprechende Ausstellung in unserer Galerie zu zeigen.
Diese Arbeitsweise setzt sich an den Schulen, den Fach- und der Kunsthochschule fort.
Man legt grossen Wert auf das Erlernen der handwerklichen Grundlagen, also die naturalistische Darstellung und Gestaltung als Voraussetzung fuer die spaetere eigene freie Arbeitsweise.
Da wir in Deutschland besondere Kunstprojekte in Grundschulen aber auch mit besonders schwierigen Jugendlichen durchfuehren, waren wir ueberrascht, dass hier in Tschaikowski jedes Kind, jeder Jugendliche die Moeglichkeit hat, musisch gefoerdert zu werden.
Das gilt nicht nur fuer die klassische Kunst sondern auch fuer die Volkskunst (Birkenrinde, Holz, Ton, Textilien u.a.) , die in vierjaehriger Ausbildung gelernt und weiterentwickelt wird.
Tschaikowski ist aber vor allem eine Stadt, in der die Musik besonders gepflegt und gefoerdert wird.
Auch hier beginnt man mit der Ausbildung schon sehr frueh, also mit 3 Jahren.
Mit besonderer Freude haben wir Leistungen am Klavier, dem Cello, der Querfloete aber auch mit der Balaleika und dem Bajan erlebt, und wuerden als Veranstalter von Konzerten gern junge Musiker zu uns nach Deutschland einladen.
Die Ausbilkdungsmoeglichkeiten und kulturellen Angebote sind in Grossstaetten sicher vielseitiger, aber uns ist aufgefallen, dass man in Tschaikovsky bewusst die musischen Saeulen , also bildende Kunst, Musik und Theater jeweils in einem Gebaeudekomplex zusammengefasst hat, so dass sie sich gegenseitig ergaenzen und befruchten.
Wir haben Tschaikowski in einer Zeit erlebt, wo das letzte Eis auf dem Stausee schmolz und der Fruehling noch nicht angekommen war. So waren die vielen Laub-und Obstbaeume in den zahlreichen Gruenanlagen und Strassen kahl. Als ehemaliger Leiter der Umweltbehoerde von Hamburg ist mir dennoch aufgefallen, dass Tschaikowski eine ungewoehnlich gruene Stadt ist, die zusammen mit den vielen Wasserflaechen, und Heilquellen und vor allem den vielen sportlichen Einrichtungen einen hohen Erholungswert hat.
Aufgefallen sind uns aber auch die eintoenigen grauen Haeuser, insbesondere aus der Gruendungsphase der Stadt.
Hier koennte man mit einem Kunstprojekt neue Akzente setzen und die Kulturstadt Tschaikovsky noch atraktiver gestalten.
Dieses Thema haben wir mit dem Kuenstler und Lehrer Igor Kuznetzov von der Kunstschule diskutiert und wir haben die Idee, dass man mit Reliefs an den Haeusern dieser Stadt die gemeinsamen Wurzeln des Permgebietes darstellen sollte. Das Projekt sollte entsprechend dem schoepferischen Geist dieser Stadt von der Bevoelkerung mitgestaltet werden und wir hoffen, dass man schon 2012 mit dem Projekt beginnt.
Als Gaeste haben wir eine wunderbare Zeit erleben duerfen.
Durch Vermittlung der Stiftung Tschaikowski waren wir bei einer einheimischen Familie untergebracht, die uns bestens versorgt hat.
Besonders dankbar sind wir der Stadtverwaltung, die uns mit einem umfangreichen Programm mit den kulturellen Schwerpunkten dieser Stadt vertraut gemacht hat sowie alle Kosten fuer unsere Ausstellung und Reise uebernommen hat.
Von uns bleiben als Geschenk zur Erinnerung an die Ausstellung “Feenwelt” drei Werke fuer die Stadt und ein dreitiges Relief fuer die Stiftung. Man kann auch Videoreportagen TV Sfera von der Eroeffnung der Ausstellung und der Pressekonferenz sehen.
Wir wuenschen der jungen Stadt Tschaikovski weiter eine positive Entwicklung und hoffen
auf eine Fortsetzung der kulturellen Kontakte.
Nina Geling und Ekkahart Bouchon
Durchrift des Schreibens erhaelt die deutsche Botschaft in Moskau zur Kenntnis
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